Die Rückschau: 

Das Leben der Familie Ebe 

in Deutschland


Hier nur ein kurzer Blick auf das Leben der Ebe in Deutschland. In "Das Schicksal der Familie Ebe" -  wird  dies ausführlich dargelegt.

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Henrys Großeltern Abraham und Selda hatten 1907 in Warschau  geheiratet. Als erstes Kind kommt Henrys Mutter Regina 1908 zur Welt, 1911 folgt Mary. Um 1911 zieht die Familie wegen der Pogrome und der besseren Schulausbildung nach Deutschland. Rosa wird 1914 in Offenbach, Leo 1918 in Hannover und Esther 1920 in München geboren. Um 1921 ziehen sie nach Frankfurt. 

In der Eckenheimer Landstraße 84 in Frankfurt richtet Abraham Ebe sein Geschäft mit Werkstatt zur Herstellung und Reparatur für Lederwaren ein. Dies ist auf dem Foto, das Olivia Rosenthal dem Hessischen Rundfunk zukommen lässt, festgehalten. - Im Frankfurter Nordend leben sie in einem Viertel, in dem jüdische Mitbewohner die Infrastruktur mit prägen. In unmittelbarer Nähe des Ladens befindet sich in der Hebelstraße 14-16 das Philanthropin, eine jüdische Schule, die alle fünf Kinder besuchen. Die Synagogen in der Friedberger Anlage und am Börneplatz sind zu Fuß erreichbar. Bereits 1931/32 ziehen sie in eine kleinere Wohnung in die Lenau Straße 93, zuletzt sind sie ab 1936  in der Hanauer Landstraße 27 gemeldet.  

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Nach Abschluss der Schule gehen die älteren Töchter Regina und Mary bald eigene Wege. Regina arbeitet als Sekretärin und Übersetzerin für Französisch und Englisch; Mary besucht vier Jahre die Hochschule für Kunstgewerbe in Offenbach. - 1929 heiratet Regina den Kaufmann Willy (Chil) Rosenthal, laut Reg. Präsidenten zu Hannover seit 1919 preußischer Staatsbürger. Regina und Willy sind zunächst in der Wohnung ihrer Schwiegereltern, dem Kaufmann Jakob David und seiner Frau Judith Maria Rosenthal in der Unterlindau 55 gemeldet. 1930 erfolgt dann Reginas Eintritt in das Geschäft ihres Mannes. Henry wird dort als Hermann geboren. Ab 1932 lebt die Familie in der Wittelsbacher Allee 66 in einer eigenen Wohnung. - Die zweitälteste Tochter Mary heiratet 1935 Arthur Halberstadt und zieht 1935 nach München.

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Jakob David Rosenthal, Reginas Schwiegervater, hatte früh beschlossen, dass, wenn Hitler an die Macht käme, er mit seiner Familie Deutschland verlassen würde. Henry Rosenthal hatte mir aus Paris ein Foto seiner Großeltern Jakob David Rosenthal und Judith Maria Rosenthal(geb. Kolski)  mit ihm und seinem Cousin mitgebracht. 



Sein Großvater handelte prompt. Von einem geschäftlichen Besuch in Frankreich im Mai 1933 kehrte er mit seiner Frau und mit den Familien seiner Söhnen nicht mehr für immer nach Deutschland zurück. Das Mobiliar der Familie von Chil und Regina Rosenthal wurde bei der Familie Ebe abgestellt. „Das Leben war nach der Machtergreifung 1933 vollkommen erschüttert“ schreibt Regina in ihrer eidesstattlichen Erklärung. Nach kurzen Aufenthalten in Straßburg und Saint-Dié lebten sie unter dem Namen „Robert“ in Domaize (Departement Puy-de-Dȏme, Region Auvergne-Rhȏne-Alpes in der Nähe von Clermont-Ferrand im Untergrund. Nachdem die Vichy-Regierung auch dort Jagd auf Juden machte, wurden sie – so heißt es in der eidesstattlichen Aussage von Willy Rosenthal am 21. Januar 1957 in der Akte Regina Rosenthal (HHStAW 518, 89033) - durch den katholischen Pfarrer von Domaize in dem Weiler Bertignac in einem Forsthaus versteckt, wo sie unter schlimmsten Bedingungen bis Mitte 1944 August überlebten. Willy schloss sich den Partisanen an. Hermann wurde als „Henri Robert" vom Pfarrer bei einem Bauern namens Guillaumont in Domaize untergebracht.  Als Dank wird heute, so erzählt mir Henry, an den katholischen Pfarrer in Yad Vashem/Israel erinnert.

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Viele Juden versuchten nach der Machtübernahme Hitlers Deutschland zu verlassen. Auch die Familie Ebe in Frankfurt dachte an Emigration, denn ihr tägliches Leben erschwerte sich zunehmend. Ab 1936 wurde Abraham Ebe die jährlich einzuholende Erlaubnis verweigert, seinen Beruf als Sattler und Portofeuilleur auszuüben. Er durfe keine Lederwaren mehr herstellen und verkaufen. Der Familie fehlte es an Geld für Essen und Miete. Wegen der wachsenden Not verliessen die Kinder das Philanthropin, das letztlich 1942 durch die Nationalsozialisten geschlossen wurde. Leo begann eine kaufmännische Lehre, Esther fing bei einer jüdischen Hutmacherin auf der Zeil eine Lehre als Putzmacherin an.

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Am 29.10.1938 wurden die fünf noch in Frankfurt lebenden Mitglieder der Familie morgens um 5.00 Uhr von der SS abgeholt. Mit weiteren Juden und Jüdinnen wurden sie per Zug zur polnischen Grenze nach Zbąszyń /Bentschen geschickt. Zu diesem Zeitpunkt sind Abraham und Selda 54 Jahre, Rosa 24, Leo 20 und Esther 18 Jahre alt. An der Grenze wurde Esther von ihrer Familie getrennt. In ihrer eidesstattlichen Erklärung schreibt sie: "Da ich wegen Minderjährigkeit noch keinen Pass besass, wurde ich nicht über die Grenze gelassen und wieder nach Frankfurt zurückgeschickt.“ Dort fand sie die versiegelte Wohnung vor. Ihre älteste Schwester Regina war bereits 1933 mit ihrer Familie in Frankreich untergetaucht, Mary wartete mit ihrem Mann auf eine Passage nach Shanghai. Esther war auf sich alleine gestellt. Ihre letzte Adresse in Frankfurt war die Telemannstraße 20, wohl bei der Familie ihrer Freundin Hertha Hahn. Anfang 1939 kam sie mit dem bereits vorliegenden Visum dieser Freundin nach England. Ihre Eltern wollten auf ein Familienvisum warten. 1941 wurden alle deportiert. - In London lernte Esther Rudi Kleczewski aus Berlin kennen, der seit 1944 in der britischen Armee diente. Sie heirateten und nannten sich fortan Clifford

Jacob David Rosenthal, sein Enkel Hermann (Henry) und Judith Maria Rosenthal (geb. Kolski) und ein Cousin (zur Verfügung gestellt von Henry Rosenthal)

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